Aleksandar Mošić

Predsednik Udruženja „Memorijal Sajmište”

Seit wann befassen Sie sich mit Staro Sajmište?

Das war ab Mitte der 1970er Jahre, als ich von meinem Posten in Indien nach Belgrad zurückkam und in Pension ging. Da bin ich in den Kreis der hiesigen Intellektuellen geraten, die sich damit befasst haben, und habe sehr viel über die Geschichte der Alten Messe gelernt. Aber dass es da einen Missbrauch des Geländes gab, das habe ich erst später erfahren. Das war eine Überraschung, auch für diejenigen die ununterbrochen in Belgrad gelebt hatten. Auch die wussten das nicht.

Was meinen Sie mit Missbrauch?

Der Verkauf von Grundstücken an Privatleute, das Restaurant und den Hallen-Tennisplatz. Das Restaurant und der Tennisplatz sind alles provisorische Einrichtungen, die man leicht wieder entfernen kann. Die Behörden müssen sich jedoch endlich damit befassen und dafür Sorge tragen, dass das ganze Gelände geschützt wird. Und dann muss man Ingenieure bestellen, dass sie Pläne entwerfen und alles schön wieder aufbauen.

Sie wollen die alten Messegebäude wieder rekonstruieren?

Ja, wir denken daran, die ehemaligen Gebäude genau so wieder aufzubauen, wie sie einmal waren. Denn die Alte Messe war ein Meisterstück der Architektur aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, das war sie. Und das soll sie wieder sein. Aber natürlich sollen die Räumlichkeiten heute für andere Zwecke genutzt werden. Wir brauchen keine Ausstellungs- und Verkaufsräume, sondern was wir brauchen zum Beispiel Schulräume. Das Gelände ist sehr groß, wenn die ganzen ehemaligen Ausstellungspavillons wieder aufgebaut werden, dann haben wir dort viel Platz. Für Schulen, für Ausstellungen, für Museen. Und Belgrad braucht es. Belgrad hat zum Beispiel ein städtisches Museum, das viele Exponate besitzt, aber es hat keine Ausstellungsräume.

Seit wann gibt es die Initiative?

So richtig ernsthaft fing es in den 80er Jahren an. Und ich weiß, wir haben in den letzten Jahren immer davon gesprochen, dass es nach 60 Jahren höchste Zeit ist, dass irgendetwas passiert. Aber es geht immer noch nicht vorwärts. Und jetzt mit der großen Wirtschaftskrise, da fürchte ich, dass es mindestens noch weitere fünf Jahre dauern wird, bis zur Gründung eines Ingenieurbüros, das dann die Pläne für einen Wiederaufbau der alten Messe anfertigt.

Wie reagiert die Stadt auf Ihre Vorschläge?

Man ist höflich, antwortet, ja wir haben das im Programm. Aber wenn es dann ernst wird, sagt man: Ja, aber wir haben kein Geld. Aber wir brauchen das, denn es ist eine zivilisatorische Frage. In ganz Europa wurden die ehemaligen KZs zu Gedenkstätten gemacht, aber diese hier existiert weiterhin als Mistkorb.

Was halten Sie von der Initiative von Veran Matić, ein Museum der Toleranz einzurichten?

Das Gelände nur für ein Museum ist viel zu groß. Und was heißt Toleranz? Was tolerieren wir? Unser Verein hat niemals von Toleranz gesprochen, sondern immer von einer Gedenkstätte und einem Kulturzentrum, also etwas Lebendes. Es könnte auch ein Teil der Uni hin oder des Konservatoriums. Alles was sich mit Kultur, Kunst und den Wissenschaften befasst. Ein Zentrum der Bildung.

Also ein Ort zur Verbesserung des Menschen?

Das sind Träume. Ich erlaube mir einen solchen Traum überhaupt nicht. Ich fürchte, dass im nächsten Jahrhundert, es wieder einen europäischen Krieg geben wird. Eigentlich bin ich ja grundsätzlich optimistisch. Aber ich hatte auch gedacht, dass es unmöglich ist, Jugoslawien zu zerstören.

Das Gespräch führte Dirk Auer im Jahre 2009.