Dipl. Inž. Alexander Petritz
Institute for Structured Real Estate Development, Österreich
Woher kommt ihr Interesse für Staro Sajmište?
Es ist ein sehr wichtiger Ort – nicht nur für Belgrad, nicht nur für Serbien, nicht nur für Südosteuropa, sondern ich glaube sogar für ganz Europa. Es ist also ein Ort, der auf jeden Fall erhalten werden muss. In welcher Form, da bin ich nicht der Experte. Aber das Wichtigste ist: Er sollte nicht kommerzialisiert werden. Es kommt ja auch niemand auf die Idee zu sagen, die Altstadt von Rom, das Kolosseum, das sind alles nur alte Steine, das könnte alles weg und stattdessen bauen wir dort Businesscenter hin. Und genauso muss man das sehen. Es darf nicht vergessen werden, was auf Staro Sajmište geschehen ist.
Das Gelände liegt mitten im Zentrum von Belgrad, in allerbester Lage - insofern ist es für Wirtschaftsinvestoren sehr interessant.
Ja, und Belgrad ist nicht die einzige Stadt, wo so etwas passiert. Zum Beispiel gab es nach dem 11. September in New York auch eine Diskussion: Da ist jetzt etwas passiert, da dürfte man jetzt eigentlich nicht wieder Hochhäuser hin bauen, sondern es müsste eigentlich ein Monument oder ein Gedenkort geben. Und am Ende hat dann doch der Kommerz gesiegt. Insofern ist die Tatsache, dass bislang nichts passiert ist, eigentlich nicht so schlimm. Weil immerhin sind die Gebäude noch erhalten. Es leben Menschen darin, und es bleibt irgendwie in Gedanken da. Aber wenn jetzt die Bagger kommen, dann gibt es nichts mehr.
Was sind ihre Vorstellungen für Staro Sajmište?
Ich bin mir nicht sicher: Ist es besser, aus dem Gelände eine Art museales Gebiet zu machen, welches dann aber nicht lebt, sondern einfach nur ein Museum ist, eine Gedenkstätte? Oder sollte es etwas Ähnliches werden, wie es jetzt ist? Oder eine Mischung davon? Das heißt vielleicht einzelne Gebäude museal herrichten, aber in den meisten Gebäuden das Leben weiter laufen zu lassen? Aber wie macht man eine Mischung? Dafür gibt es Experten, die sich aber nicht trauen, sich zu Wort zu melden. Das Kapital regiert, und die Experten haben Angst um ihren Job.
Viele Menschen wissen überhaupt nichts über den Ort. Wie könnte man schon einmal mit einfachen Mitteln die Geschichte sichtbar machen?
Man sollte vielleicht einfach einmal den Außenumriss markieren und damit den Ort ins ins Bewusstsein bringen. Vielleicht auch einmal mit den Universitäten reden, mit der Architekturuniversität, einen Wettbewerb machen. Das darüber überhaupt erst einmal diskutiert wird, denn im Moment wird nicht diskutiert. Also das Ganze muss eine breitere Plattform bekommen. Ich glaube der erste Schritt ist erstmal zu verhindern, dass jetzt da ganz schnell etwas passiert und dass es zu spät ist. Und die Zeit nutzen und auf den verschiedensten Ebenen Diskussionen initiieren. Und ich glaube, die Diskussion darüber ist schon das größte Mahnmal.
Glauben sie, dass über internationale Aufmerksamkeit zusätzlicher Druck erzeugt werden könnte?
Ich denke, die internationale Aufmerksamkeit wird sich in Grenzen halten. Denn im Moment gibt es eben diese Goldgräberstimmung. Es muss eine breitere Diskussionsbasis geschaffen werden, auch mit viel Eigeninitiative, weil die Stadt wird sicher nichts dazu tun. Kleine aktive Gruppen schaffen, die ein Projekt machen. Und jedes Projekt ist ein kleiner Mosaikstein im Gesamtprojekt.
Das Gespräch wurde geführt am 21.07. 2010 im Rahmen des Rechercheprojekts „Besuch auf Staro Sajmište“